Ein funktionaler digitaler Zwilling bietet eine umfassende Darstellung eines Raumfahrzeugs auf rein funktionaler Ebene. Dabei stehen Eigenschaften wie Größe, Gewicht oder Aussehen im Hintergrund, während sich die Simulation auf die Schaffung einer geschlossenen Umgebung konzentriert. Dies beinhaltet beispielsweise die Kommandierung spezifischer Geräte durch die Flugsoftware mit anschließendem Monitoring der durch den Befehl veränderten Statusparameter. Diese Veränderungen sollen sich in Form von Telemetrie-Paketen manifestieren, die von den Bodenstationsteams durch das Senden von Tele-Kommandos an den (simulierten) Satelliten beobachtet werden.
Diese Closed-Loop Tests ermöglichen die Verifizierung von Flugsoftware und das Durchspielen operationeller Prozeduren. Dies geschieht nicht nur aufgrund der kontinuierlichen Verfügbarkeit des Simulators im Gegensatz zur Flughardware, sondern auch durch aktives Stimulieren von Fehlern, um die Reaktion des Systems zu untersuchen.
Trotz des ECSS SMP-Standards für den Austausch von Simulationsmodellen zwischen Unternehmen sind die einzelnen Equipment-Modelle in der Regel Eigenentwicklungen großer Satellitenhersteller. Dies liegt an der fehlenden Marktstruktur, die für Make-or-Buy-Entscheidungen genutzt werden könnte. Die Modelle werden zu einer Satellitenkonfiguration zusammengesetzt und manuell auf einer festen Anzahl von (virtuellen) Rechnern installiert, abhängig von der maximalen Anzahl der Nutzer. Aufgrund von Kapazitätsbeschränkungen wird in der Regel nur eine Simulation pro Rechner ausgeführt.
Im Rahmen von COOPERANTS strebt man an, diesen Prozess offener, performanter und zugänglicher zu gestalten. Drei Hauptdienste stehen im Fokus: der SMP2 Marktplatz, der Functional Digital Twin as a Service und der Test Result Viewer.
Der SMP2 Marktplatz ermöglicht es KMUs, eigene Simulationsmodelle im ECSS SMP-Format hochzuladen und zu präsentieren. Potenzielle Nutzer können somit Simulationsmodelle für bestimmte Equipments finden, basierend auf Kosten und Funktionsumfang eine Make-or-Buy-Entscheidung treffen und Modelle entweder herunterladen oder direkt in anderen Smart Services verwenden. Der Marktplatz ist nicht nur auf ECSS SMP-Modelle beschränkt, sondern akzeptiert auch andere Simulationsformate, um auch nicht-SMP-basierten Diensten eine Nutzung zu ermöglichen. Die Verknüpfung des SMP2 Marktplatzes mit dem Equipment-Marktplatz optimiert die Anzeige nutzbarer Simulationsmodelle für Hardware-Interessenten.
Die verfügbaren SMP2 Modelle werden direkt vom zweiten vorgestellten Service genutzt: „Functional Digital Twin as a Service“. Dieser folgt dem Konzept von „Software as a Service“. Nutzer erhalten über ein Web-Frontend Zugriff auf verschiedene Simulatoren und können sich damit verbinden. Durch die einfache Skalierbarkeit der Rechenleistung können nicht nur mehr Nutzer gleichzeitig mit verschiedenen Simulatoren verbunden werden, sondern es ist auch möglich, leistungshungrigere Simulationen, wie z.B. für Satellitenkonstellationen, auszuführen. Den verschiedenen Nutzern steht ein grafisches Benutzeroberfläche zur Verfügung, um Tests zu schreiben und auszuführen.
Die Testergebnisse werden über einen separaten Service bereitgestellt. Dies ermöglicht es verschiedenen Interessenten, den Fortschritt eines Projekts jederzeit zu verfolgen. Insbesondere Endkunden, beispielweise Agenturen wie ESA und DLR, haben die Möglichkeit, sich transparent über die Arbeiten des Auftragsnehmers zu informieren, anstatt auf aufwändige Audits und Reviews angewiesen zu sein. Diese transparente Kommunikation kann zu einer verbesserten Vertrauensbildung zwischen Endkunden und Satellitenintegratoren führen.
Maximilian Holtmann